Gleichrangig oder nicht?

Mit Korrekturen ist es so eine Sache. Wenn sie berechtigt sind, sind sie natürlich sehr hilfreich und bringen ein Werk voran, weshalb die Frage in der Überschrift auch keinesfalls auf eine Hierarchie zwischen den an der Entstehung eines Textes beteiligten Personen hindeuten soll. Dennoch sind auch Korrektoren nur Menschen und daher nicht unfehlbar. Dessen sollten sich beide Seiten – Korrektor und Autor – stets bewusst sein und, wenn sie sich nicht hundertprozentig sicher sind, lieber einmal zu viel als einmal zu wenig nachschlagen.


Genau so erging es mir kürzlich, als ich einen von mir übersetzten literarischen Text korrigiert zurückbekam. Bei der Durchsicht der Korrekturen stellte ich fest, dass sich ein großer Teil von ihnen auf die Kommasetzung zwischen zwei Adjektiven bezog. So war aus meiner Formulierung „sein glänzendes perlweißes Fell“ nun „sein glänzendes, perlweißes Fell“ geworden und aus einem „dünnen blutroten Streifen“ ein „dünner, blutroter Streifen“.
Sollte ich mich so getäuscht haben? Ich hätte schwören können, dass zwischen zwei Attributen nur dann ein Komma gesetzt wird, wenn es sich um gleichrangige Adjektive handelt, zwischen denen ebenso gut ein „und“ stehen könnte.


Der Duden gab mir wieder einmal Aufschluss, und zwar in diesem Fall der Regelteil des guten alten Nachschlagewerks. Dort findet man nämlich im Punkt D 101 einerseits den Hinweis, dass das Komma tatsächlich nur zwischen nebengeordneten Adjektiven steht (das heißt, sie sind in ihrer Reihenfolge austauschbar), andererseits aber auch den Vermerk, dass unter Umständen das Substantiv mit dem unmittelbar davor stehenden Adjektiv als Einheit angesehen wird, die durch das zweite Attribut näher bestimmt wird.
Als Beispiele nennt der Duden „die jüngsten politischen Entwicklungen“ und „dunkles bayerisches Bier“. Hier werden jeweils die politischen Entwicklungen bzw. das bayerische Bier durch „jüngst“ und „dunkel“ konkretisiert.
Nun blieb mir also nur noch zu überlegen, ob das Fell in meinem Text „glänzend und perlweiß“ und der Streifen „dünn und blutrot“ war. Ich habe mich in beiden Fällen dagegen entschieden, weil es eben das perlweiße Fell war, das glänzte und dadurch genauer beschrieben wurde, und weil der blutrote Streifen besonders dünn und daher kaum sichtbar war.
Ist es nicht faszinierend, welch feine Unterschiede durch ein gesetztes oder eben nicht gesetztes Komma ausgedrückt werden können? Man muss sie sich nur bewusst machen und der Bedeutung des Geschriebenen so lange nachspüren, bis man sich sicher ist, welche Variante für den jeweiligen Satz am besten passt.

Carola Jürchott
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