Verleihung des 2. Nora-Pfeffer-Literaturpreises und Buchpräsentation

Nürnberg. Am 6. Dezember 2024 fand in den Räumen des Bayerischen Kulturzentrums der Deutschen aus Russland (BKDR) eine besondere Veranstaltung statt, die sowohl dem Gedenken an den deutsch-kasachischen Schriftsteller Herold Belger (1934–2015) gewidmet war als auch die Erinnerung an die russlanddeutsche Schriftstellerin Nora Pfeffer (1919–2012) wachhielt.

„Herold Belger. Drei Saiten meiner Seele, drei Kreise meines Lebens“ – so heißt das neue Buch von Nina Paulsen, das pünktlich zu dieser Veranstaltung im BKDR Verlag erschienen ist und von der Autorin persönlich vorgestellt wurde. Belger wäre am 28. Oktober 90 Jahre alt geworden; aus diesem Anlass entstand die Idee zu dieser Publikation. In einer detaillierten Präsentation beleuchtete Nina Paulsen anschaulich das facettenreiche Leben, das Wirken sowie die Bedeutung des weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus bekannten Schriftstellers Herold Belger.

Mehr als zehn Erstdrucke, allesamt Originalbuchausgaben von Belger, konnte das Publikum im Rahmen dieser Veranstaltung näher betrachten und darin blättern. Darunter befand sich eines seiner Schlüsselwerke, der große autofiktionale Roman „Das Haus des Heimatlosen“, der die Deportation der Wolgadeutschen und ihre Entrechtung nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die UdSSR 1941 thematisiert. Der Roman, der in den deutschen Medien die ihm gebührende Resonanz noch nicht gefunden hat, wurde 2014 in einem Berliner Verlag mit Unterstützung der kasachischen Botschaft in deutscher Sprache herausgegeben und ist aktuell entweder in jeder deutschen Buchhandlung oder online bestellbar. Das gilt auch für das jüngste Sachbuch von Nina Paulsen über Belgers Leben und Werk.

Das letztgenannte Buch beleuchtet die äußerst facettenreiche Biografie Belgers, der sich selbst als „Zögling dreier Staaten – Russlands, Kasachstans und Deutschlands“ bezeichnete und der tiefgreifende Spuren in der Literaturgeschichte Kasachstans hinterließ. Belger schrieb auf Russisch, Kasachisch und Deutsch. Alle drei Sprachen und ihre jeweiligen Kulturen prägten das Leben und den Schaffensweg Belgers maßgeblich.

Preisträgerinnen Regina Sidonie Schill (2. von l.), Lorena Pircher (Mitte) und Julia Alina Kessel (2. von r.) mit den Jurymitgliedern Eleonora Hummel und Artur Rosenstern (c) BKDR
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Andreas A. Peters über Georg Smirnovs Lyrikdebüt „Zurichtungen“

Eine Rezension als persönlicher Brief an einen neugeborenen Dichter.

Lieber Georg, ist es ok, mein Du? So ist es einfacher und persönlicher.

Gestern zum dritten Mal die „Zurichtungen“ zu Gemüte geführt, manche tiefe Schicht aufgedeckt, aufwühlend … Diese Migrationserfahrungen waren mir sehr vertraut, manche weniger, ich bin Ende 1977 mit meinen Eltern ausgereist, da war die Luft, die Atmosphäre noch irgendwie freundlicher, willkommener seitens der Behörden und auch untereinander.

Lieber Georg, der Gedichtband „Zurichtungen“ ist dir sehr gelungen (schon der Titel spricht Bände!), „Zurichtungen“ ist mehr als eine Nachbearbeitung eines vorhandenen Rohzustandes der Seele, auch wenn nur „geschliffene Diamanten den Namen Brillanten tragen“. Deine brillante Idee, anhand von Vornamen die Kindheitserfahrungen poetisch und als Poesie in Prosa zu verarbeiten, durchzubuchstabieren, hat mich total angesprochen.

In „Andrej“ sind die Orte Leningrad, Dachau, Berdytschiw, Luhansk auf die Weltkarte geworfen und die Kriegshistorie leuchtet unbarmherzig auf. „ich nässe mich ein // ich scheiße mich zu // ich blute ich krampfe // du kommst nicht zur Ruh“. So kann ich zitieren und wiederholen und komme auch nicht zur Ruh. Du hast wieder in mir etwas aufgewühlt, das ich lange nicht an mich ranließ. „Reinhold“: „ich bin ein sowjetisches Kind // ein russischsprechender Junge // meine Hundeschule des Lebens // fängt gerade erst an“.

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„Prinz Libelle“ – ein sowohl märchenhaftes als auch höchst kunstvoll gestaltetes Buch

Ein Märchen? … Was machst du, wenn sich dir eines Tages unerwartet die Chance deines Lebens bietet?

Illustriert von der Autorin Irina Enss

Nicht das gewohnte Leben an einem Teich, das vielleicht im Schnabel eines Vogels geendet hätte, sondern ein Schicksal und Leben, von dem du nie zu träumen gewagt hättest. Wirst du dann den Mut aufbringen und diese Gelegenheit ergreifen? Das Buch Prinz Libelle von Irina Enss entführt dich in eine magisch-märchenhafte Welt, in der eine Libelle über ihr vorgezeichnetes Schicksal hinausfliegt.

„Es fühlt sich an, als hätte man ,Die Verwandlung‘ von Kafka auf den Kopf gestellt und in eine malerische, barocke Märchenwelt katapultiert – nur dass es einfach so gar nicht wie bei Kafka ist.“

Eine anonyme Leserin.

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„können engel auf minen treten?“

Andreas Andrej Peters: Gedichte gegen den Krieg

(Eine Rezension von Nina Paulsen)

Nichts braucht ein Frieden dringender als den Aufstand gegen den Krieg. Andreas Andrej Peters ergreift Partei für alle Opfer von Kriegen, gedenkt der Gefechte um Leningrad im Zweiten Weltkrieg und erinnert an die aktuelle Situation in der Ukraine. Mit eindringlichen Bildern der Zerstörung, vehementen Flüchen auf die Kriegstreiber und ergreifenden Klagen für die Gefallenen dokumentiert und kommentiert der Dichter die Weltlage und ist das Sprachrohr für das Unbehagen aller Friedfertigen. Ein wichtiges, ein zorniges Buch im Großformat!“

Mit diesen Worten beschreibt der Schriftsteller, Literaturkritiker und Herausgeber der edition offenes feld (eof), Jürgen Brôcan, das jüngste Werk von Andreas Andrej Peters, das im November 2023 unter dem Titel „Liebe & Hunger. Ein Leningrader Poem. Wasser schöpfen im Schwarzen Meer mit einem Flügel. Gedichte gegen den Krieg“ erschienen ist.

Unter den russlanddeutschen Autoren, die in der bundesdeutschen Literaturlandschaft angekommen sind, steht der Lyriker, Erzähler, Kinderbuchautor, Übersetzer und Liedermacher Andreas Andrej Peters mit inzwischen 30 verfassten Büchern weit vorne. Die inhaltliche Bandbreite, die Peters in seinen wort- und bildstarken lyrischen und Prosawerken anspricht, ist komplex, vielfältig und vielschichtig, wobei die Achse Gott – Mensch dominiert – Gott und die Welt begegnen sich stets im Namen der Menschlichkeit.

Nicht anders ist es in seinem 30. Buch, das er selbst als sein Lebenswerk bezeichnet. Schon bevor das „zornige Buch im Großformat“ erschien, war es Peters gelungen, dem Thema öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. So ging der Autorenpreis des 24. „Irseer Pegasus“ 2022 an Andreas A. Peters für eine Auswahl an Gedichten aus „Liebe & Hunger – ein Leningrader Poem“. Mit einem Auszug aus „Liebe & Hunger“ wurde er für das Finale beim 14. Dresdner Lyrikpreis 2022 nominiert.

Mit einer Auswahl von Gedichten aus dem Band wurde Peters zum Gewinner des „Bad Godesberger Literaturpreises 2022“ gekürt. In der Laudatio heißt es:

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Buchtipp: HOTEL ZUR EWIGEN LAMPE. Gedichte von Andreas A. Peters

Limbus Verlag 2023. Innsbruck – Wien

»Hotel zur Ewigen Lampe« nannten die Gefangenen die Zentrale Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Berlin-Hohenschönhausen. In den Zellen gab es kein Tageslicht und die elektrische Beleuchtung wurde niemals abgeschaltet. Andreas Peters lotet in seinen Gedichten eine Sprache für das Unaussprechliche aus. Dabei spannt er einen Bogen von den Schrecknissen des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, wo noch immer die Trümmer der Vergangenheit liegen. Hauptmotiv ist das Licht; es ist sowohl grausam als auch tröstlich, kann Immerwährendes ebenso symbolisieren
wie Verlöschendes. Mit einmal sachten, einmal intensiven Tönen streift Peters die Weltreligionen. Seine Gedichte legen
Wunden offen, fragen nach den Ursachen und den Folgen und sind in einer Welt von Unsicherheiten und Kriegen aktueller denn je.

Zum Autor:

Andreas Andrej Peters, Lyriker, Erzähler, Kinderbuchautor und Liedermacher, geboren 1958 in Tscheljabinsk-Ural (UdSSR), studierte Evangelische Theologie, Philosophie  und Krankenpflege in der Schweiz, Gießen und Frankfurt am Main. Er arbeitete als Pastor und Seelsorger und ist derzeit diplomierter Gesundheitspfleger in der Neurologischen Uniklinik Salzburg. Mehrere Auszeichnungen, darunter: Jurypreis Hochstadter Stier (2015), SCIVIASKatholischer Literaturpreis (Hauptpreis) des Bistums Limburg (2019), Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds (2020/21), Irseer Pegasus Autorenpreis (2022), Arbeitsstipendium des Freistaates Bayern (2022), Finale beim Dresdner Lyrikpreis (Oktober 2022). Mitglied Salzburger Autorengruppe (SAG).

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„Die Herzen unserer Erde“ – Gedichte von Artur Rosenstern

Artur Rosenstern, geboren in Kasachstan, studierte Musik-, Medienwissenschaft und Geschichte in Paderborn, Detmold und Belletristisches Schreiben in Hamburg. Bekannt durch zahlreiche Publikationen in Anthologien und Literaturzeitschriften. Herausgeber von Anthologien im Cross-Culture-Bereich, Mitglied des Verbands deutscher Schriftsteller und der Herforder AutorInnen-Gruppe. Preisträger mehrerer Literaturwettbewerbe.

Anfang 2023 erschien im Ostbooks Verlag ein ansprechend gestalteter Lyrikband von Artur Rosenstern, dem Autor der Novelle „Planet Germania“, des Romans „Die Rache der Baba Jaga“ und des Lyrikbandes „schmerz-wort-tropfen“. Nun wird dem Leser eine Auswahl neuer lyrischer Verse geboten. Der Titel, Die Herzen unserer Erde, der auf dem rotbraun bespritzten Coverumschlag rot auf weiß leuchtet, lässt eine anspruchsvolle, intelligente Poesie vermuten.
Ausschlaggebend für dieses Buch ist die moderne Versform, die der Autor als Darstellungsmittel seines Gedankenstroms wählte. Auf den ersten Blick machen die Verse einen etwas ungewöhnlichen und stellenweise sogar sehr komplexen Eindruck, doch im nächsten Augenblick fühlt man sich schon vom Rhythmus und dem Herzschlag der Strophen gefesselt. Man liest sich rein, und schon bald achtet man nicht mehr auf die absichtlich vermiedenen Kommata und Punkte sowie die permanente Kleinschreibung der Nomen. Der Dichter selbst ist der Überzeugung, dass durch solche Abweichung von der klassisch üblichen Strophengliederung und des Metrums „dem Leser die Möglichkeit geboten wird, das eine oder andere Gedicht vielleicht gar verschieden bzw. auf seine Art und individuell zu deuten und die Stellen „zwischen“ und „nach“ den niedergeschriebenen Zeilen mit eigenen Worten und Deutungen zu ergänzen“.

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„Hier war ich, dort bin ich …“ – Literaturalmanach 2022 erschienen

Wovon wird das, was uns ausmacht, primär beeinflusst? Ist es der Ort unserer Geburt, unsere Sozialisation oder Blicke und Zuschreibungen von außen? Leider stellen wir immer noch fest, dass es in der bundesdeutschen Mehrheitsgesellschaft – auch bei Vertreterinnen und Vertretern von verschiedenen Medienanstalten und Redaktionen – in Bezug auf Russlanddeutsche große Wissenslücken und damit einhergehende Stereotype vorherrschen. Wir sind uns dessen bewusst, dass solche Wissensdefizite nicht von heute auf morgen beseitigt werden können. Nur Schritt für Schritt und nur, in dem nicht nur über uns gesprochen wird, sondern wir selbst es sind, die unsere eigenen Geschichten erzählen.

In diesem Jahr gibt es bei der Anthologie eine Neuerung: Neben einer Auswahl aus regulären Einsendungen enthält sie die Texte von zwei Gewinnerinnen und einem Gewinner des Literaturwettbewerbs zu Ehren von Nora Pfeffer. Der Nora-Pfeffer-Preis wurde gemeinsam vom BKDR Verlag und dem Literaturkreis der Deutschen aus Russland e. V. ins Leben gerufen. Das Ziel ist es, nicht nur an die Namensgeberin und herausragendste russlanddeutsche Autorin zu erinnern, sondern in erster Linie junge Literatinnen und Literaten zu fördern und zu motivieren, sich in ihrem Schaffen mit Themen mit russlanddeutschem Bezug auseinanderzusetzen.

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Buchtipp: „Am Ende die Freiheit“ von Jakob Martens


Durch Zarenreich und Sowjetunion nach Südamerika, Neu herausgegeben von Berthold Kliewer

Wir schreiben das Jahr 1932: In der Dachkammer des Deutschen Konsulats in Leningrad wartet der 34-jährige Jakob Martens auf die Ausreisegenehmigung in den Westen zu seiner bereits aus der Ukraine geflohenen Familie. Hinter ihm liegt die Erfahrung des Ersten Weltkriegs, der Terror anarchistischer Banden, der Bürgerkrieg, die Drangsalierung durch die Bolschewisten und schließlich die Verbannung als Kulak in die Arbeitslager im nördlichen Russland. Eine gefahrvolle Flucht zu Fuß aus einem Hungerlager durch die winterliche Landschaft hat ihn bis ans Tor zur Freiheit, Leningrad, gebracht. Noch weiß er nichts von seiner erneuten Verhaftung, der Odyssee durch mehrere Gefängnisse und den endlosen Verhören durch die sowjetischen Geheimpolizei GPU in Archangelsk am Weißen Meer. Dort wird er eine Kollaborationsvereinbarung trotz Aussicht auf Freilassung und sogar unter Todesandrohung ablehnen. Wieder verurteilt, kommt er zusammen mit hunderten weiterer Verbannter unter unvorstellbaren Bedingungen in einem Kohlefrachter über das Weiße Meer in ein Schweigelager nahe dem nördlichen Ural. Hier übersteht der Verbannte zwei lebensbedrohliche Erkrankungen und kommt schließlich nach fünfjähriger Lagerhaft frei.

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„Begegnungen: Russlanddeutsche Autoren im Gespräch und Porträt“ – von Nina Paulsen und Agnes Gossen

Die Autorinnen Nina Paulsen und Agnes Gossen im Interview

(Die Fragen stellte die Journalistin und Autorin Katharina Martin-Virolainen, VadW)

Katharina Martin-Virolainen: Vor einiger Zeit ist beim BKDR- Verlag der Sammelband „Begegnungen: Russlanddeutsche Autoren im Gespräch und Porträt“ erschienen. Wie ist die Idee dazu entstanden, Interviews und Porträts von russlanddeutschen Autoren in einem Buch zu sammeln?

Band I, BKDR Verlag

Nina Paulsen: Mein vertieftes Interesse für die russlanddeutsche Literatur und ihre Akteure ist in über 40 Jahren zur Herzensangelegenheit mit viel Forschungsdrang geworden. In meinem mehr als 20-jährigen Berufsleben bei der deutschsprachigen Zeitung „Rote Fahne“ / „Zeitung für Dich“ in Slawgorod, Altairegion, waren es Alexander Beck, Waldemar Spaar, Andreas Kramer und Edmund Günther, mit denen ich mehrere Jahre zusammengearbeitet habe. Woldemar Herdt, Friedrich Bolger und Ewald Katzenstein, aber auch Johann Warkentin, Dominik Hollmann oder Ernst Kontschak habe ich bei Autorenseminaren und Dichterlesungen erlebt. Schon damals sind einige Interviews und Porträts entstanden, die für die vorliegende Publikation aktualisiert und ergänzt wurden. Viel intensiver ist es dann in Deutschland geworden, wo ich seit 2000 lebe und seit 2002 Redakteurin bei der Landsmannschaft bin. Hier hatte ich das Glück, mit weiteren russlanddeutschen Autoren in Kontakt zu treten und sie für aufschlussreiche Interviews zu gewinnen.Zahlreiche Gespräche und literarische Porträts bekannter und weniger bekannter russlanddeutscher Autoren aus allen Generationen sind in der Verbandszeitung „Volk auf dem Weg“, in den Heimatbüchern der LmDR, aber auch im Wandbildkalender des Historischen Forschungsvereins oder im Almanach des Literaturkreises der Deutschen aus Russland erschienen.

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Buchtipp: „Wir verstehen nicht, was geschieht“ von Viktor Funk

Lew und Swetlana haben ein Leben gelebt, das im Nachhinein unmöglich erscheint. Eine Revolution, zwei Terrorregime – danach eine lange, erfüllte Beziehung. Ein junger Historiker aus Deutschland, Alexander List, sucht den bereits betagten Lew Mischenko in Moskau auf. Er will ihn interviewen und mehr über Menschen erfahren, die den Gulag überlebt haben, und über ihre Lieben, ihre Freundschaften, aber auch ihre Traumata.

Der Roman »Wir verstehen nicht, was geschieht« folgt den Lebensspuren mehrerer realer Personen, im Zentrum steht der Physiker Lew Mischenko. Während seiner Haftzeit im Gulag schrieben er und seine Frau Swetlana einander Briefe. Diese will Mischenko dem Historiker List überlassen – unter der Bedingung, dass er mit ihm nach Petschora reist, hoch oben im russischen Norden, wo Mischenko neun Jahre im Lager verbrachte und wo ein Freund, Jakow Israelitsch, auf ihn wartet.

VIKTOR FUNK, geboren 1978 in der Sowjetunion (Kasachstan), kam als Elfjähriger 1990 nach Deutschland. Er ging in Wolfsburg zur Schule, studierte später in Hannover Geschichte, Politik und Soziologie. Seine Magisterarbeit in Geschichte beschäftigte sich mit dem Vergleich mündlicher und schriftlicher Erinnerungen von Gulag-Überlebenden. Viktor Funk arbeitet als Politikredakteur mit dem Schwerpunkt Russland bei der Frankfurter Rundschau. Sein erster Roman »Mein Leben in Deutschland begann mit einem Stück Bienenstich« erschien 2017. Er lebt in Frankfurt am Main.

Viktor Funk
WIR VERSTEHEN NICHT, WAS
GESCHIEHT
Roman
Hardcover, 156 Seiten, 20 €
ISBN 978-3-95732-536-5

Verbrecher Verlag

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