Rose Steinmark und Katharina Martin-Virolainen stellten sich im Museumsdorf Cloppenburg vor

„Wir waren ein selbstbewusstes und politisches Theater… Das Buch habe ich mit Herzblut und manchmal unter Tränen geschrieben.“ / „Vor allem möchte ich auch die nächste Generation, die bereits hier aufgewachsen ist, für die Geschichte der (Russland)-Deutschen sensibilisieren.“, zitierte die „Münsterländische Tageszeitung“ die russlanddeutschen Autorinnen Rose Steinmark (Münster) und Katharina Martin-Virolainen (Eppingen/BW), die sich vor zahlreich erschienenen Gästen in einer Lesung im Vortragssaal des Museumsdorfs Cloppenburg am 3.11.2018 vorgestellt hatten. Eingeladen wurden sie von der Arbeitsgemeinschaft (AG) für Kulturpflege beim Heimatverein der Deutschen aus Russland e.V. in Molbergen (Vorsitzende: Dr. Maria Schmieder) in Kooperation mit dem Museumsdorf Cloppenburg. Das Projekt wurde vom Kulturreferat für Russlanddeutsche am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte Detmold und der Friedlandhilfe e.V. gefördert.

Die zahlreich erschienenen Gäste wurden von der Leiterin der Arbeitsgemeinschaft für Kulturpflege und Historikerin, Dr. Marina Schmieder, begrüßt, die anschließend die Veranstaltung moderierte. Die vielfältige Werbung des Heimatvereins hat nicht nur Interessierte aus dem Landkreis Cloppenburg, sondern auch aus den benachbarten Landkreisen Vechta und Oldenburg erreicht. Schon vor Beginn der Veranstaltung wurden die beiden Autorinnen mehrfach interviewt. Zwei Videoaufnahmen zu diesen Interviews sind auf dem YouTube Kanal „Kultur der Russlanddeutschen“ (www.youtube.com) zu sehen.

Rose Steinmark, ehemalige Dramaturgin des Deutschen Theaters in Kasachstan und heute Dozentin beim Dolmetscher-Institut Münster, präsentierte ihr 2017 erschienenes Buch „Das Schicksal eines Theaters“ zur Geschichte des Deutschen Theaters in Kasachstan (Temirtau/Alma-Ata), das durch zahlreiche Gastspielreisen ihr Publikum auch in den entferntesten Ecken Sibiriens oder Zentralasiens erreicht hatte. Theaterplakate und Programmheftchen erinnerten an die Aufführungen des Theaters, Ausschnitte aus einem alten BRD-Dokumentarfilm ließen das vielseitige Leben des Theaters nachempfinden. Die Kulturstätte hatte eine starke identitätsprägende Wirkung für die weit zerstreute russlanddeutsche Bevölkerung entfaltet. Aufgrund des bedeutenden gesellschaftspolitischen Gewichts war das 1980 gegründete Theater ein Dorn im Auge von Zensurbehörden gewesen. „Wir alle wussten um die Anwesenheit des russischen Geheimdienstes (KGB) bei den Aufführungen“, sagte die Autorin. Für Winter 2019 plant auch die Bibliothek Sandkrug (Gemeinde Hatten-Sandkrug, Landkreis Oldenburg) eine Buchpräsentation mit Rose Steinmark.

Katharina Martin-Virolainen bewegte die Zuhörer mit berührenden Erzählungen, in denen sie ihre Erinnerungen aus Kasachstan, Karelien und Deutschland verarbeitete, zum Weinen und zum Lachen – die junge Autorin trug aus ihren Kurzgeschichten („Auf den Spuren des Nordlichts“) vor. Besonders angetan war das Publikum von der Kurzerzählung über Kamenka, dem Heimatdorf ihres Vaters Otto Martin, in dem sie als kleines Mädchen ein Stückchen Heimat für sich entdeckte und an dessen Gerüche und Düfte sie sich noch heute gern erinnert. „Mein ganzes Leben beschäftige ich mich mit der Frage, wer ich eigentlich bin und wo ich hingehöre, wo meine Heimat liegt und wie ich in mir diese drei unterschiedlichen Elemente – Russin, Finnin, Deutsche – harmonisch vereinen kann. Der Name Katharina Martin-Virolainen spiegelt genau wieder, wie ich mich empfinde: Eine Deutsche mit finnischen Wurzeln und russischer Seele“, sagt die zweifache Mutter, Autorin und freie Journalistin, die im Bereich Jugend- und Kulturförderung arbeitet.

Zur besonderen Atmosphäre während der Lesung trugen neben der Leidenschaft und Ausstrahlung der Autorinnen auch die musikalischen Darbietungen des Chores „Gloria“ bei, die großen Applaus des Publikums ernteten: Als Aufmacher erklang das wohlbekannte Lied „Schön ist die Jugend“, abschließend die ukrainische Volksweise „Diwljus ja na nebo“. Es war ein aufschlussreicher und zutiefst berührender Nachmittag, wo auch in den Pausen und am Kaffeetisch die angeregten Gespräche nicht aufhörten und die Anwesenden sich mit den Autorinnen unterhielten, in ihren Werken blätterten und mit ihnen Bruchstücke aus eigener Vergangenheit teilten.

„Keine Lesung gleicht der anderen. Für mich ist es eine wunderbare Möglichkeit mit Menschen in Dialog zu treten, ihnen etwas von mir und meiner Geschichte zu erzählen, aber auch über die Geschichte unseres Volkes. Das gibt mir aber gleichzeitig auch die Möglichkeit mehr über andere Menschen zu erfahren, ihre Lebensberichte zu hören und vielleicht auch von ähnlichen Erlebnissen zu erfahren. Das motiviert mich weiter zu machen und gibt mir Kraft“, äußerte sich Katharina Martin-Virolainen nach der Lesung.

 

von Nina Paulsen

(c) Bilder: AG für Kulturpflege Molbergen