Solange es diesen Blog gibt, haben uns immer wieder Zweifelsfälle der Grammatik beschäftigt. Einer der am weitesten verbreiteten von ihnen ist die Frage, an welcher Stelle man die Konjunktion „als“ verwendet und wann man „wie“ sagt. Dass das offensichtlich wirklich nicht einfach ist, wurde mir endgültig bewusst, als ich in einem Gespräch erzählte, womit ich mich beruflich beschäftige, und mein Gesprächspartner mir daraufhin im Brustton der Überzeugung die für ihn offenbar eher rhetorische Frage stellte: „Aber ‚als‘ und ‚wie‘ verwechselst du doch auch, oder?“ Anscheinend war er bis dahin nicht einmal auf den Gedanken gekommen, dass es auch anders sein könnte.
Einen großen Anteil daran, dass „als“ von vielen Sprechern des Deutschen eher stiefmütterlich behandelt wird, während sie sich zu „wie“ wesentlich stärker hingezogen fühlen, haben sicher auch die deutschen Dialekte. Einige von ihnen (für das Berlin-Brandenburgische kann ich es eindeutig sagen, und auch im Sächsischen ist es wohl ähnlich) verwenden sehr häufig „wie“ an Stellen, an denen ein „als“ angebracht wäre. Dabei ist die Unterscheidung, wenn es sich um komparative Konjunktionen, also vergleichende Bindewörter, handelt, ganz einfach: Soll ein Unterschied dargestellt werden, kommt nur „als“ in Frage:
Dieses Kind ist anders als die anderen.
Katrin ist größer als Peter.
Diese Bluse gefällt mir besser als die andere.
Hierbei ist für all jene, die des Russischen ebenso mächtig sind, unbedingt zu beachten, dass bei diesen Vergleichen vor „als“ kein Komma gesetzt wird.
Möchte man eine Gleichartigkeit ausdrücken, verwendet man „wie“:
Dieses Kind ist genauso wie die anderen.
Sie ist genauso hübsch wie ihre Mutter.
Marie ist so alt wie Laura.
Überlegt man also bei einem Vergleich von vornherein, ob es um einen Unterschied oder eine Gemeinsamkeit geht, kann man eigentlich nicht Gefahr laufen, in die weit verbreitete Falle zu tappen. Zu beachten ist jedoch, dass die Verneinung zwar den Sinn der Aussage, nicht aber den Gebrauch der Konjunktion verändert:
Er arbeitet nicht besser als seine Kollegen.
Er arbeitet keineswegs genauso wie seine Kollegen.
Die Absicht, diese Falle zu umgehen, führt häufig dazu, dass beide Wörter kombiniert werden, was mindestens genauso schlimm ist wie sie zu verwechseln. Hierfür gibt es eine ganz klare Regel: „als wie“ gibt es nicht, und deshalb dürfen beide Wörter auch nicht nebeneinander stehen.
Doch auch, wenn diese beiden „Stiefgeschwister“ Nebensätze einleiten, ist mitunter Vorsicht geboten. So las ich kürzlich in einem Roman den folgenden Satz:
„Ich hatte den Eindruck, er sei um Jahre gealtert seit dem letzten Mal, wo ich ihn gesehen hatte.“
Da es sich um eine Übersetzung handelte, wäre der Übersetzer hier wesentlich besser bedient gewesen, hätte er sich vergegenwärtigt, dass es um einen einmaligen zeitlichen Bezug geht. In diesem Fall hätte er nämlich gemerkt, dass es besser geheißen hätte: „… als ich ihn gesehen hatte.“
Doch auch in diesen Konstruktionen schleicht sich das „wie“ immer wieder ein, obwohl es bessere Varianten gäbe. So fand ich in einer weiteren Romanübersetzung diese Passage:
„Nachdem ich die Maison Dorée verlassen hatte, ertappte ich mich dabei, wie ich mit meinem Buch die Ramblas hinabging.“
Abgesehen davon, dass man das Genus von Lehnwörtern üblicherweise am Deutschen ausrichtet und es deshalb „das Maison Dorée“ heißen müsste, wäre hier „dass ich mit einem Buch die Ramblas hinabging“ die konsequentere Formulierung gewesen.
Carola Jürchott