„RHEIN!“, Zeitschrift für Worte, Bilder, Klang widmete eine Ausgabe der deutschen Literatur aus Russland

rhein_13_-2016_frontcover_ro_jpgKöln. Die Literatur- und Kunstzeitschrift „RHEIN!“, hrsg. vom Verein KUNSTGEFLECHT e.V., widmete ihre Herbstausgabe, Nr. 13,  der deutschen Literatur aus Russland. Am 25. November 2016 wurde diese Ausgabe von der Redaktion und einigen in der Ausgabe vertretenen Autoren wie Eleonora Hummel, Artur Rosenstern, Waldemar Weber und Agnes Gossen im Kölner Theater Ensemble Phoenix um 19:30 Uhr im Rahmen des Kunstfestes „KUNST ALS BRÜCKE: DEUTSCHLAND UND RUSSLAND, LITERATUR UND MUSIK“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Der bekannte Komponist Bernd Hänschke hatte mit einigen weiteren Musikern aus der Umgebung (Leonhard Beck, Elena Knapp, Alexandra Felder und Martin Bewersdorff) die Lesungen der Autoren musikalisch umrahmt. Unter anderem mit Musik von Alfred Schnittke sowie eigenen Kompositionen auf Texte deutsch-russischer und russlanddeutscher Autoren.

Während die Deutsche Literatur aus Rumänien den deutschen Lesern bereits seit den 70er Jahren ein Begriff ist, kennt der Leser hierzulande kaum die deutschsprachige Literatur aus Russland. Die deutschsprachigen Autoren, Künstler und Wissenschaftler waren in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts zum großen Teil den stalinistischen Säuberungen zum Opfer gefallen. Der Zweite Weltkrieg hatte zur Folge, dass beinahe die gesamte künstlerische Elite dieser Minderheit ausgelöscht wurde bzw. etliche Jahre in den Arbeitslagern unter menschenunwürdigen Bedingungen verbringen musste. Erst viele Jahre nach dem Krieg öffneten sich nach und nach die Türen der sowjetischen Hochschulen wieder für die Deutschen. Viele von ihnen ergriffen die Chance und studierten Germanistik, um ihrer Muttersprache nicht verlustig zu gehen. Ihnen ist es zu verdanken, dass die deutschsprachige Literatur in Russland nicht gänzlich verschwand. Eine Reihe von Autoren, die bei diesen Schriftstellern in die Lehre gingen, lebt nun in Deutschland.

Die neue Ausgabe von RHEIN! (Nr. 13) können Sie auf dieser Internetseite per E-Mail bestellen. S. unter Kontakt. Leseproben und weitere Details zu ISBN etc. finden Sie hier!

Porträts der beteiligten Künstler und das Programm des Abends am 25. Nov. 2016:

Eleonora Hummel

Eleonora Hummel wurde  1970 im kasachischen  Zelinograd/Astana geboren. 1980 zog die einst unter Stalin deportierte Familie in den Nordkaukasus und siedelte zwei Jahre später nach Deutschland über. Von ihr erschienen drei vielbeachtete Bücher im Steidl Verlag Göttingen: Die Fische von Berlin (2005), Die Venus im Fenster (2009) und In guten Händen, in einem schönen Land (2013). Eleonora Hummel erhielt mehrere Auszeichnungen, unter anderem 2006 den Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis und 2011 den Hohenemser Literaturpreis. Sie lebt heute in Dresden. www.eleonora-hummel.de

Artur Rosenstern

Geb. 1968 in Kasachstan, 1990 nach Deutschland ausgereist, wo er zunächst als selbständiger Musiklehrer tätig war. Nach dem Studium der Musik-, Medienwissenschaft und der Mittelalterlichen Geschichte arbeitete er u. a. für Musikverlage im Bereich Musikedition sowie als Russisch-Übersetzer. Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. Planet Germania:  Über die Chance, fremd zu sein ist sein erstes belletris­tisches Werk. Seit 2016 Mitglied der „RHEIN!“-Redaktion sowie des Verbands deutscher Schriftsteller. Er gehörte zu den Gewinnern des Berliner Federleicht-Schreibwettbewerbs 2013 und des Leverkusener Short-Story-Preises 2015. www.artur-rosenstern.de

Waldemar Weber

Geboren als Sohn rußlanddeutscher Eltern 1944 in Westsibirien, lebt er seit 1994 als Autor in deutscher und russischer Sprache sowie als Verleger in Deutschland und Moskau. Tränen sind Linsen (Lyrik und Essays, Moskau 1992); Teni na obojach (Lyrik und Nachdichtungen aus dem Deutschen ins Russische, Moskau 1995); Tscherepki (Lyrik und Kleinprosa, Moskau 2001); Scherben. Gedichte (Augsburg 2006); Durchhalten bis Ende November. Gedichte, (Moskau 2014); Das Kilometer 101 (Prosa, Moskau 2015). Literaturpreis des Großherzogtums Luxemburg 1993, Liechtenstein PEN-Preis für Lyrik 2002, Allrussischer und Internationaler A. Makovski-Preis für Prosa und Lyrik 2002. www.waldemar-weber-verlag.de

Alexandra Felder

Alexandra Felder stammt aus Moskau. Sie studierte dort Klavier an der staatlichen Gnessin-Schule und an der Pädagogischen Hochschule und erhielt Abschlüsse als Klavier-, Musik- und Gesangspädagogin sowie als Korrepetitorin. Nach sieben Jahren Berufstätigkeit kam sie 1999 nach Deutschland, wo sie auch als Kirchenmusikerin und Organistin arbeitete und seit Jahren eine eigene Klavierschule leitet.

Elena Knapp

In Perm am Ural geboren, besuchte sie früh die Musikschule, studierte aber dann zunächst Jura.  Ein Jahr vor dem Examen beschloß sie, Sängerin zu werden – berührt vom orthodoxen Kirchengesang. Sie besuchte zunächst bis 1995 das Musikkolleg in Perm, wechselte bis zum Abschluß 1999 auf das Konservatorium nach Jekaterinburg und sammelte erste Bühnenerfahrungen. 1999 ging sie nach St. Petersburg an das Marinskij-Theater und wurde Solistin der Akademie junger Opernsänger unter der Leitung von Larissa Gergiewa. 2002 wechselte sie als Solistin an das Oper- und Balletttheater M. Mussorgski, 2008 an  das Opern- und Balletttheater des Rimski-Korsakow-Konservatoriums. Seit 2008 lebt sie in der Nähe von Köln.  www.elena-zarewitsch.de

Bernd Hänschke

1948 in Duisburg-Rheinhausen geboren, studierte er Schulmusik an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln sowie Komposition bei J. Blume und H. U. Humpert. Ein zweites Kompositionsstudium (1980-1983) in der Meisterklasse von Hans Werner Henze in Köln veränderte seinen Stil grundlegend.

Sein Werkverzeichnis weist Werke aller Gattungen auf, die oft einen Hang zum Theatralischen, Szenischen aufweisen. Da er in seiner Musik fast immer den Kontakt zu den anderen Künsten sucht, ist es kein Zufall, dass mit Christof Heyduck und Hans Werner Berretz (Ha Webe) zwei Maler die Zusammenarbeit mit ihm suchen, aus der große zyklische Arbeiten sowie Kunstvideos hervorgingen, in denen beide Künste sich gegenseitig beeinflussen.

1989 gründete er das Henze-Kammerensemble. Als Dirigent und künstlerischer Leiter dieses Ensembles setzt er sich seither neben der Kammermusik Hans Werner Henzes vor allem auch für Werke von Schülern Henzes ein, ohne jedoch daraus ein Dogma zu machen. www.bernd-haenschke.de

Bernd Hänschke schreibt: „Betrachtet man die Rezeption der avancierten Musik unserer Zeit, so stößt man auf ein geradezu existentielles Problem, den Mangel an Kontakt, an Auseinandersetzung mit unserer Musik durch ein kunstinteressiertes Publikum. Ich rede hier nicht von ,Spezialisten‘, sondern von dem ,normalen‘ Konzertpublikum, insbesondere der Jugend. Diesen Kontakt herzustellen, Interesse zu wecken, steht im Zentrum meines Wirkens als Pädagoge und Dirigent, aber auch meiner Arbeit als Komponist. Musik ist Kommunikation, gibt es keinen Kommunikationspartner, ist sie irrelevant. Das heißt konkret, daß ich mich als Komponist um eine Sprache bemühe, die die Errungenschaften der Musik des 20. Jahrhunderts nicht ,verrät‘, aber dennoch eine solche Kommunikation ermöglicht. Mein musikalisches Material setzt bei der Erfahrungswelt meiner Hörer an, um sie dann in eine Welt für sie neuer Klänge zu ,entführen‘. Der Zugang für meine Musik wird sicherlich auch dadurch erleichtert, daß sich meine Phantasie in aller Regel an nicht musikalischen Quellen wie Gedichten, Prosatexten oder Bildern entzündet. Diese werden allerdings nicht ,musikalisch abgebildet‘, die musikalischen Materialien entwickeln sich nach ihren eigenen Gesetzen.“

An diesem Abend wurden folgende Stücke von Bernd Hänschke uraufgeführt:

Drei lyrische Gesänge für Klarinette und Gitarre (2016, Uraufführung!) auf das Gedicht Lorca von Viacheslav Kuprianov und zwei Gedichte von Agnes Gossen (Novemberdämmerung, Erste Strahlen).

Von Professor Leonhard Beck, Gitarre und Martin Bewersdorff, Klarinette

Leonhard Beck

Leonhard Beck war von 1976 bis 2007 als Professor an der Folkwang Hochschule Essen tätig. Er ist ein Praktiker und Historiker der Gitarre und hat intensiv mit zeitgenössischen Komponisten (T. Medek, W. Fürstenau, V. Fritsche, L. G. Acuña und J. M. Zenamon) zusammengearbeitet, die ihm eine ganze Reihe der von ihm angeregten und aufgeführten Werke gewidmet haben. Sein Anliegen einer menschengemäßen musikalischen Kunst und der Darstellung der Gitarre als eines vollwertigen und sensiblen Konzertinstrumentes zieht sich durch sein gesamtes Schaffen. www.leonhardbeck.de

Martin Bewersdorff

Martin Bewersdorff wurde 1970 in Duisburg geboren. Er studierte Klarinette bei Prof. Hans Deinzer in Hannover. 1989 gewann er den Ersten Preis beim Bundeswettbewerb Jugend Musiziert und 1992 mit dem Diaphonia Quintett den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs. Er war Stipendiat der Jürgen Ponto-, Walter Kaminski -, Marie-Luise-Imbusch-Stiftung sowie der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Seit 1994 ist Martin Bewersdorff Klarinettist der Dortmunder Philharmoniker. Außerdem ist er seit 2009 an der Robert Schumann Hochschule als Dozent für das Fach Klarinette tätig.