„TINTENREISE“ – Schreibwerkstatt des Literaturkreises mit Christiane Höhmann

Vom 25. bis zum 27. August 2023 fand in der Akademie am Tönsberg in Oerlinghausen erneut eine Schreibwerkstatt des Literaturkreises der Deutschen aus Russland statt. Der Literaturkreis wurde 1995 in Bonn gegründet und besteht aktuell aus etwa 65 Mitgliedern. In den ersten zwölf Jahren leitete den Verein Agnes Gossen-Giesbrecht. Vor zehn Jahren übernahm Artur Böpple die Leitung des Literaturkreises. Zugleich koordiniert er die Herausgabe des Literaturalmanachs, eines Jahrbuchs in deutscher Sprache.

Die Schreibwerkstatt richtete sich an Erwachsene mit Migrationsgeschichte, vor allem an Aussiedlerinnen und Aussiedler aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Zu Beginn der Schreibwerkstatt wurden die Teilnehmenden von Frau Dr. Nike Alkema, der Leiterin der Akademie am Tönsberg, begrüßt. Anschließend stellten die Autorinnen und Autoren im geschlossenen Rahmen ihre neuen Bücher vor, die in den letzten Monaten erschienen sind. Milla Dümichen präsentierte z. B. ihren Roman „Mein lieber Oskar“. Irina Enss, Künstlerin, Autorin und Dozentin, las ein Kapitel aus ihrem Roman „Denis Sergejewitsch und seine seltsame Amnesie“ vor, der noch im Entstehen begriffen ist. Irinas Tochter Dorothea, die an der Universität Bonn English Studies und Keltologie studiert, stellte das Kinderbuch „Tjinjafroage“ von Elina Penner auf Deutsch und Plattdeutsch vor, welches sie selbst illustriert und gestaltet hatte.

Irene Kreker erzählte über die Entstehungsgeschichte des Projekts „Begegnung unter dem Arc de Triomphe“, welches dem 125. Geburtstag des deutschen Schriftstellers und Pazifisten Erich Maria Remarque gewidmet ist. Sie selbst hatte das Projekt mitinitiiert. An diesem Projekt beteiligten sich weitere Autorinnen und Autoren des Literaturkreises. Insgesamt sechs von ihnen waren an diesem Abend persönlich anwesend: Irene Kreker, die Projektleiterin, Ludmila Wilhelm, Valentina Tomaschewskaja, Anastasia Geiger, Jürgen Hafner und Agnes Gossen. Anastasia Geiger hatte den größten Teil der kreativen Beiträge aus dem Russischen ins Deutsche übertragen. Jürgen Hafner hatte die lyrischen Beiträge des Buches ins Deutsche übersetzt. Agnes Gossen war im Rahmen dieses Projekts eine der Gewinnerinnen in der Kategorie „Übersetzungen“. Im Verlauf der Schreibwerkstatt kamen alle Projektteilnehmer zu Wort.

Besonders interessant waren die Geschichten von neuen jungen Autorinnen und Autoren, wie z. B. die von Georg Smirnov, der die Geschichte seiner Familie aufarbeitet und im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln – eine Gedenkstätte für die Opfer des Zweiten Weltkriegs – tätig ist. Die Gedenkstätte ist eine Einrichtung, die Anfragen von Angehörigen der Opfer beantwortet und das Schicksal von KZ-Häftlingen erforscht, die sich während des Zweiten Weltkriegs in Köln befanden.

Eine Schreibwerkstatt ist vor allem eine Lehrveranstaltung. Der Kurs „Tintenreise oder wie man eine Kurzgeschichte schreibt“ wurde von Christiane Höhmann, einer erfolgreichen Schriftstellerin aus Paderborn und Autorin mehrerer belletristischer Bücher, geleitet. Sie erinnerte die Teilnehmer daran, dass jede Geschichte die wichtigen klassischen Elemente wie Einleitung, Konflikt und Auflösung beinhalten müsse. Die Darstellung von Konflikten erfordert ein handwerkliches Geschick. Anhand von praktischen Aufgaben und Beispielen machte die Dozentin klar, dass vor allem angehende Autorinnen und Autoren jeden Tag schreiben müssen, um Erfolge zu erzielen .Am zweiten Abend der Schreibwerkstatt fand in der St. Hedwigs-Kapelle eine öffentliche Lesung mit mehreren Teilnehmern statt. Katharina Kucharenko, Agnes Gossen, Ludmila Wilhelm, Irina Enss, Jürgen Hafner und Artur Rosenstern stellten dem Publikum in einem sehr schön gestalteten Ambiente ihre Geschichten und Lyrik vor.  

Im Namen aller Teilnehmer möchte ich mich bei den Förderstellen bedanken: Das Seminar sowie die öffentliche Lesung wurden in Kooperation mit der Akademie am Tönsberg durchgeführt und durch das Kulturreferat für Russlanddeutsche am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold gefördert. Außerdem danke ich auch im Namen aller Teilnehmer Artur Böpple für die Organisation dieses wunderbaren kreativen Treffens. Georg Gaab danken wir für die vielen kostenlos zur Verfügung gestellten Bücher.  Wir alle haben die Wärme des Treffens und den Austausch miteinander genossen, einen enormen kreativen Anschub für den weiteren Schreibprozess bekommen sowie einen Menge Energie aufgeladen!

Valentina Tomaschewskaja-Arndt, Autorin und Journalistin