Im letzten Beitrag dieser kleinen Serie möchte ich noch einmal genauer auf einige Unterschiede in der Kommasetzung zwischen dem Deutschen und dem Russischen eingehen, die mir bei der Korrektur von Texten immer wieder auffallen. Natürlich würde es den Rahmen sprengen, hier die gesamte Kommasetzung im Deutschen zu erläutern, das kann der Duden weit besser als ich. Unterschiede zwischen den beiden hier relevanten Sprachen sollen aber beleuchtet werden, weil sie unter Umständen „verraten“, dass der Autor des Textes nicht immer auf Deutsch geschrieben hat.
So werden Adverbien wie „natürlich“ oder „beispielsweise“ oder auch die Wortfügung „zum Beispiel“ im Deutschen nicht in Kommas eingeschlossen:
„Das war natürlich die beste Entscheidung seines Lebens.“
„Wenn du beispielsweise einen Strudel backen möchtest, brauchst du Blätterteig.“
„In Moskau gibt es zum Beispiel sieben dieser Hochhäuser.“
Anders verhält es sich lediglich, wenn „natürlich“ einen Satz quasi als Ausruf einleitet, doch das ist ein Sonderfall:
„Natürlich, das war die beste Entscheidung seines Lebens!“
Auch „bitte“ wird in der Regel ohne Kommas verwendet:
„Kannst du mir bitte diese Informationen schicken?“
„Bitte schreibe mir, ob du gut angekommen bist!“
Nur wenn „bitte“ als die verkürzte Form von „ich bitte“ und somit semantisch verstärkt aufgefasst werden soll, kann es durch Kommas abgetrennt werden:
„Lies es mir vor, bitte!“
„Bitte, gib mir unbedingt das Geld zurück.“
Auch bei zweiteiligen Alternativ-Überschriften steht im Deutschen vor dem „oder“ kein Komma. Während es im Russischen heißt „Ирония судьбы, или С легким паром!“, ist der Titel eines Kinderbuches von Willi Meinck „Salvi Fünf oder der zerrissene Faden“. Auch der erste Kinderroman von Erich Kästner trägt einen Titel dieser Struktur: „Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee“. Übrigens: Laut dem Duden beginnt der zweite Teil der Überschrift, falls er nicht mit einem Eigennamen anfängt, in diesen Fällen tatsächlich mit einem kleinen Buchstaben:
„Don Juan oder die Liebe zur Geometrie“
Allerdings findet man diese Schreibweise selbst auf gedruckten Buchtiteln eher selten, sodass es durchaus erlaubt scheint, zur Kennzeichnung der zweiten Überschrift einen großen Buchstaben zu verwenden:
„Krabat oder Die Verwandlung der Welt“
Bei Vergleichen wird im Gegensatz zum Russischen im Deutschen nur dann ein Komma gesetzt, wenn ein Nebensatz folgt.
„Sie ist älter als ihr Bruder.“
Aber:
„Sie ist älter, als sie aussieht.“
In E-Mails kommen die Unterschiede zwischen beiden Sprachen ebenfalls durchaus zum Tragen. Während es im Russischen mittlerweile gang und gäbe ist, am Schluss einer Mail oder eines Briefes „С уважением“ mit einem Komma abzutrennen, hat sich diese ursprünglich aus dem Englischen stammende Regel im Deutschen bisher nicht durchgesetzt, und „Mit freundlichen Grüßen“ steht immer noch ohne ein darauffolgendes Komma vor dem Namen.
Hinzuzufügen ist an dieser Stelle noch, dass bei Aufzählungen mit „und“ oder „oder“ sogenannte „offene Reihen“, wie sie im Russischen sehr verbreitet sind, im Deutschen eher die Ausnahme darstellen und eigentlich nur verwendet werden, wenn sich ein gedankliches „und/oder vieles mehr“ anschließt. Ansonsten werden diese Reihen durch eine der beiden Konjunktionen abgeschlossen.
Statt
„Für die Schule benötigen wir noch Bücher, Hefte, Stifte.“
ist es also besser zu schreiben:
„Für die Schule benötigen wir noch Bücher, Hefte und Stifte.“
Carola Jürchott