Sag mir, wie du heißt … (3)

Nachdem im vorigen Artikel der lokale Aspekt der Namensfindung für Protagonisten schon angeklungen, wollen wir uns dieser Frage heute noch einmal intensiver widmen, denn nicht nur die nationale Zugehörigkeit spielt bei der Namensgebung eine Rolle, sondern auch die lokale bzw. regionale. So lassen sich bestimmte Vornamen mit Dialekten in Verbindung bringen, und man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass ein Hauke, ein Hein oder ein Ubbo in Norddeutschland beheimatet ist, ein Korbinian höchstwahrscheinlich in Bayern und ein Beat oder eine Ursina in der Schweiz. Versetzt man nun Personen mit eindeutig dialektalen Namen in eine gänzlich andere Region, sollte auch das einen dramaturgischen Grund haben, der im Laufe der Handlung unbedingt erklärt werden müsste.


Natürlich werden auch Kurz- bzw. Koseformen von Namen in verschiedenen Dialekten unterschiedlich gebildet. Sicher, ein -i bzw. -y oder ein -lein oder -chen lässt sich fast überall anhängen, und in der modernen deutschen Sprache dürften das wohl auch die häufigsten Varianten sein. Dennoch gibt es auch dialektale Kurzformen, die in literarischen Texten helfen können, Figuren oder ihr Umfeld, das ihnen die jeweiligen Spitznamen gibt, zu charakterisieren. So deuten Formen mit -erl auf Bayern oder Österreich hin, Namen mit einem -le eher auf einen schwäbischen Hintergrund, und durch ein kumpelhaftes -e wird in Berlin ein Horst schon mal zum „Hotte“, ein Kurt zum „Kutte“ und Matthias zu „Matze“. Kurzformen mit -li hingegen sollte man eher in der Schweiz suchen.


Doch auch die Zeit der deutschen Teilung ist an der Tradition der Namensgebung nicht spurlos vorbeigegangen. So wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren in der DDR neben den auch in der Bundesrepublik gängigen Namen gern englisch klingende vergeben, wobei auch dabei gern zu den jeweiligen Kurzformen gegriffen wurde. Deshalb ist zwar nicht jede Mandy und jeder Ronny automatisch als DDR-Kind zu identifizieren, allerdings ist die Trefferquote bei den in dieser Zeit geborenen, in der Wikipedia verzeichneten Namensträgern ausgesprochen hoch. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass eigentlich fremdsprachige Namen wie zum Beispiel Mike oder Madeleine in der Schreibweise mitunter eingedeutscht wurden zu „Maik“ und „Madlen“.


In Sachsen beispielsweise sollen zu DDR-Zeiten besonders häufig Kurzformen als vollwertige Namen vergeben worden sein (wie z. B. Peggy), da dies auch dem Dialekt wohl sehr entgegenkam.
Diese Spezifika sollte man zumindest kennen, da auch sie zu einem bestimmten Umgang anderer Personen mit den jeweiligen Namensträgern führen können (Hänseln, Mitleid o. Ä.), der für den Verlauf der Handlung wichtig sein könnte.

Carola Jürchott
www.lust-auf-geschichten.de