Das Jahr 2022 begann für uns alle mit einer sehr traurigen Nachricht. Heinrich Rahn, unser langjähriges Mitglied, ausgezeichneter Autor und einfach nur ein netter, liebenswürdiger Mensch mit einem großen Herzen ist am 3. Januar im Alter von 78 Jahren plötzlich von uns gegangen.
1943 im Dorf Sparau, Ukraine, in einer deutschen Familie geboren, wurde er als Kind mit seinen Eltern nach Nordsibirien deportiert, später kam die Familie nach Kasachstan, denn die Rückkehr in den Heimatort war ihnen von der kommunistischer Führung verwehrt. In der Stadt Schtschutschinsk absolvierte Heinrich Rahn 1965 eine Ingenieurschule und arbeitete danach in verschiedenen Betrieben als leitender Bauingenieur. Ab 1990 lebte er in Deutschland und war bis zu seinem Ruhestand in verschiedenen Architekturbüros tätig. Zuletzt lebte er in Wiesbaden und konnte sich erst im Ruhestand ganz auf seine schriftstellerische Tätigkeit konzentrieren. Im Geest-Verlag erschienen folgende Romane von ihm: Der Jukagire (2008), Aufzug Süd-Nord (2011), Die Birkeninsel (2018). Heinrich Rahn wurde ab 2015 vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert und konnte dank dieser Förderung seinen Roman „Die Birkeninsel“ und die kürzlich erschienene Sammlung „Märchen im Rhein-Main-Gebiet und aus anderen Sphären“ fertigstellen.
Er hielt zahlreiche Lesungen und veröffentlichte neben seinen Romanen bereits in den 90er-Jahren Lyrik, Kurzprosa und sogar Bühnenstücke auf Deutsch. Vornehmlich seine Kurzprosa aus dem Fantasy- oder dem Märchen-Genre erschienen in diversen deutschsprachigen Anthologien und Literaturzeitschriften in Deutschland, Österreich und Russland und wurden von vielen Redaktionen und Literaturkennern sehr geschätzt. Heinrich Rahns Werke erreichten zwar keine breite Öffentlichkeit und wurden leider nicht mit bekannten Literaturpreisen ausgezeichnet, doch das ist (und da bin ich mir sicher) nur eine Frage der Zeit.
Rahn hat sehr spät begonnen, Prosa auf Deutsch zu verfassen. Ganz allein diesem Umstand ist die noch geringe Beachtung seiner Werke in Deutschland geschuldet. Auf Russisch schrieb er ebenfalls, doch veröffentlichte er diese Texte hierzulande so gut wie nie. Den Sprachwechsel aus dem Russischen ins Deutsche nahm er offenbar sehr ernst, weil er sein Lesepublikum hier in Deutschland sah. Und nichts mehr lieber wünschte er sich, als seine Leserinnen und Leser glücklich zu machen. Als ich eines Tages seinen Roman „Der Jukagire“ aufschlug, fesselte mich geradezu der allererste Satz: „Wenn ein Mensch unglücklich ist, dann hat man verschiedene Möglichkeiten, ihm das Glück nahezubringen. Falls er sich jedoch verweigert, sollte man diese Person (…) einfach zum Glücksgefühl zwingen.“
Wie das geht, wollte ich freilich auf der Stelle wissen und vertiefte mich bis in die Nacht in das Buch. Lieber Heinrich. Dir ist es wahrlich gelungen, mit deinen Büchern und Geschichten Menschen glücklich zu machen. Danke DIR, dass wir Dich kennen lernen durften! Deine Geschichten und dein unverwechselbares Lächeln werden wir für immer in unseren Herzen bewahren. Ruhe in Frieden!
Im Namen des Literaturkreises und aller Autorinnen und Autoren, die sich uns verbunden fühlen, möchten wir hiermit den Angehörigen unser aufrichtiges Beileid aussprechen.
Artur Böpple
4. Januar 2022