Schaut man sich zunächst das semantische Feld des Begriffs „Jubiläum“ im Deutschen und im Russischen an, könnte man auf den Gedanken kommen, es sei tatsächlich so. So steht im Duden als Bedeutungserklärung: „festlich begangener Jahrestag eines bestimmten Ereignisses“, und auch in der russischen Wikipedia findet man: „празднование годовщины (выражающейся в круглых и крупных числах, обычно кратных 5) деятельности какого-нибудь лица или учреждения“. Wäre es wirklich an dem, wäre dieser Beitrag natürlich überflüssig, und so wird sich der aufmerksame Leser schon denken können, dass auch hier der Teufel wieder im Detail steckt.
So findet man in Beiträgen von Menschen mit einem russischsprachigen Hintergrund auch Formulierungen wie „Herrn Schmidt zum 70. Jubiläum“ oder „zum 150. Jubiläum des Schriftstellers“. Sicher, bei penibler Betrachtungsweise erscheint diese Aussage gerade mit Blick auf die Definition des Dudens nicht falsch, geht es doch darum, dass sich die Geburt von Herrn Schmidt oder dem berühmten Schriftsteller zum 70. oder 150. Male jährt. Dennoch ist es im Deutschen unüblich, Geburtstage oder auch Hochzeitstage explizit als „Jubiläum“ zu bezeichnen (selbst wenn ein Geburtstagskind scherzhaft durchaus auch als „Jubilar“ betitelt wird), da der deutsche Usus der eigentlich in der russischen Wikipedia gegebenen Erklärung besonders strikt folgt. Wenn man in einem Text den Begriff „Jubiläum“ liest, assoziiert man damit tatsächlich in erster Linie den Jahrestag einer Tätigkeit oder eines Zustandes (Betriebszugehörigkeit, Vereinsmitgliedschaft, Existenz einer Stadt oder einer Einrichtung etc.). Hierfür wären allein schon Zahlenwerte wie 70 und erst recht 150 höchst unwahrscheinlich, dass sie die Dauer eines Menschenlebens gemeinhin überschreiten.
Bei runden, also durch 10 teilbaren (oder auch „halbrunden“, also durch 5 teilbaren) Geburtstagen sowie den überall verzeichneten Hochzeitsjubiläen spricht man im Einzelfall dennoch von Herrn Schmidts 70. Geburtstag und dem 25. oder 50. Hochzeitstag oder auch der Silbernen, Goldenen oder Diamantenen Hochzeit.
Geht es aber um die oben erwähnten Fälle, ist der Gebrauch der Ordnungszahl unüblich. Dann spricht man vom „750-jährigen Stadtjubiläum“, dem „75-jährigen Jubiläum der Firma“ oder vom „Jubiläum der 25-jährigen Betriebszugehörigkeit“. An diese Formulierungen, wie es im Russischen üblich ist, einen Zeitraum mit „seit“ anzuschließen, ist im Deutschen nicht möglich. Hier spricht man etwa bei einem Arbeitskreis im Zusammenhang mit einem Jubiläum nicht von „seit seiner Gründung“, sondern beispielsweise vom „20-jährigen Jubiläum seines Bestehens“.
Carola Jürchott