Verträgliche Verträge

Seit ich die Beiträge für diesen Blog schreibe, ertappe ich mich immer wieder dabei, dass ich auch in Gesprächen mit Sprechern anderer Muttersprachen noch genauer hinhöre. So geriet ein russischer Freund neulich etwas ins Schlingern, als er mir erklärte, etwas sei ihm „verträglich zugesichert“ worden. In diesem Moment fiel ihm allerdings selbst auf, dass das wohl einer der vielbeschriebenen Stolpersteine des Deutschen sein könnte. Ich selbst hatte mir noch nie darüber Gedanken gemacht, wie viel die ä-Pünktchen in diesem Fall ausmachen. Er aber sah mich nun zweifelnd an und fragte vorsichtshalber noch einmal nach: „Verträglich oder vertraglich?“

Natürlich kann man auch Verträge verträglich gestalten – gerade von „sozial verträglich“ ist in diesem Zusammenhang häufig die Rede. Dennoch ändert dieser Umstand nichts an der Tatsache, dass das eine mit dem anderen zumindest lexikalisch erst einmal nichts zu tun hat, denn „verträglich“ kommt von „vertragen“, während das Adjektiv zu „Vertrag“ „vertraglich“ ist. Da aber ein Vertrag eine „beidseitig übereinstimmende Willenserklärung“ ist, eröffnet sich einem beim Blick in ein etymologisches, also ein Herkunftswörterbuch, dass der Begriff „Vertrag“ durchaus daher kommt, dass man sich miteinander „verträgt“.
So kann man sich nur wünschen, dass vertragliche Bestimmungen immer verträglich sein mögen, damit man sich infolge eines Vertrages nicht irgendwann nicht mehr verträgt.

Carola Jürchott

www.lust-auf-geschichten.de