Samt und sonders

(Teufel steckt im Detail – 21)

Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen den Mengenangaben „sämtlich“ und „gesamt“? Was den Sinngehalt dieser Wörter betrifft, kann man diese Frage zunächst verneinen. Es geht jeweils darum, eine komplette Menge oder etwas Komplettes, also 100%, zu bezeichnen – ohne eine Ausnahme. Dennoch, liebe Leserinnen und Leser, ahnen Sie es: Auch hier steckt der Teufel im Detail, nämlich in der Verwendung beider Adjektive.

„Sämtlich“ ist laut Duden ein Synonym für „all“. Damit ist klar, dass man „alle“ problemlos durch „sämtliche“ ersetzen kann, speziell, wenn man die Ausnahmslosigkeit besonders betonen möchte. Die Verwendung im Plural ist damit also hinreichend geklärt.

Allerdings bietet der Duden auch Beispiele an wie „sämtlicher aufgehäufte/aufgehäufter Sand“ oder „sämtliches beschlagnahmte Eigentum“. Hier wird deutlich, dass sich auch „sämtliche“ nicht ausschließlich auf Pluralformen beziehen muss. Bei den bezeichneten Mengen handelt es sich also um etwas Zähl- oder Messbares, wobei meist noch ein weiteres Attribut eingefügt wird, um etwa das „beschlagnahmte Eigentum“ vom nicht beschlagnahmtem abzugrenzen. Auch hier ließen sich die einzelnen Formen von „sämtlich“ (wenn auch stilistisch weniger gelungen) durch die entsprechenden Formen von „all“ ersetzen. Nutzt man das Adjektiv in seiner Form als Adverb („Seine Gedichte sind sämtlich im freien Versmaß geschrieben.“), kann es auch durch die feststehende Wendung „samt und sonders“ ersetzt werden.

„Gesamt“ hingegen steht nicht für eine vollständige Anzahl oder Menge von etwas Zähl- oder Messbarem, sondern für etwas komplettes Einzelnes: „die gesamte Bevölkerung“, „der gesamte Roman“ usw. Hier ist im Singular nur „gesamt“ zu verwenden.

Im Plural hingegen kommt es auf die Perspektive an.

Möchte man ausdrücken, dass bei mehreren Substantiven ein jedes von ihnen in seiner Gänze betroffen ist, verwendet man „die gesamten“: „Die gesamten Bücher wurden im Flattersatz gedruckt.“ Das bedeutet, man möchte betonen, dass es innerhalb der einzelnen Bücher keine Seite gibt, die im Blocksatz steht.

Schreibt man jedoch: „Sämtliche Bücher wurden im Flattersatz gedruckt.“, liegt das Hauptaugenmerk auf der Information, dass es kein Buch gibt, das davon eine Ausnahme bildet.

Carola Jürchott

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