Vor etwas mehr als einem Jahr ging es an dieser Stelle bereits um die Bezeichnungen von Bildungseinrichtungen und deren Übersetzung. Damals habe ich vehement dafür plädiert, „институт“ in diesem Zusammenhang mit „Hochschule“ zu übersetzen, wenn es sich um eine eigenständige Einrichtung und nicht um einen Teilbereich etwa einer Universität handelt. Von dieser Haltung rücke ich auch jetzt nicht ab, finde aber, es ist an der Zeit zuzugeben, dass das nur die halbe Wahrheit ist.
Den Begriff „институт“ gibt es nämlich auch in einem anderen Zusammenhang, und dort wird er im Deutschen durchaus als „Institut“ wiedergegeben. Geht es nämlich um eine reine Forschungseinrichtung, an der keine Lehre stattfindet, kann von einer „Hochschule“ nicht die Rede sein. Das trifft in erster Linie natürlich auf die in der Sowjetunion und im postsowjetischen Raum verbreiteten НИИ, die Forschungsinstitute, zu, aber auch auf Unterabteilungen großer wissenschaftlicher Einrichtungen wie beispielsweise der Akademie der Wissenschaften.
Hier gab es in der DDR Institute und Zentralinstitute, und die Österreichische Akademie der Wissenschaften ist nach wie vor ebenfalls in Institute unterteilt. Doch auch andere Gliederungsformen sind möglich. So spricht man bei der Russischen Akademie der Wissenschaften von (Regional-)Abteilungen und Sektionen, während in der Sächsischen Akademie der Wissenschaften Kommissionen tätig sind.
In allen Fällen ist jedoch zu beachten, dass bei der Bezeichnung dieser Struktureinheiten das jeweilige Fachgebiet in der Regel mit der Präposition „für“ angeschlossen wird: „Zentralinstitut für Physik der Erde“, „Institut für Quantenoptik und Quanteninformation“, „Kommission für Kunstgeschichte“, „Abteilung für Geschichts- und Sprachwissenschaften“, „Sektion für Materialwissenschaften“. Ebenso verhält es sich übrigens an der Universität mit dem Lehrstuhl und seinen Inhabern: „Er hat den Lehrstuhl für Festkörperphysik inne.“
Vorsicht geboten ist auch bei der Verwendung des Begriffs „Akademiker“. Während im Deutschen damit meist ein Mensch mit einem Hochschul- oder Universitätsabschluss gemeint ist, bezeichnet das russische „академик“ ausschließlich ein Mitglied einer Akademie. Diese Bedeutung weist der Duden zwar im Deutschen auch aus, allerdings nur in Anlehnung an das Russische und mit einer geringen Gebrauchshäufigkeit. Um Verwechslungen vorzubeugen, ist hier daher die Bezeichnung „Akademiemitglied“ vorzuziehen, zumal sie sich mit Attributen wie „ordentliches“, „außerordentliches“ oder „korrespondierendes“ kombinieren lässt.
Auch in der Wissenschaft ist mitunter von „Schulen“ die Rede. Allerdings sind hiermit nicht die Lehreinrichtungen als solche gemeint, sondern Richtungen, die von mehreren Wissenschaftlern oder Künstlern vertreten werden. Als Beispiele seien hier die Moskauer und die Nowgoroder Schule der Ikonenmalerei und die Frankfurter Schule von Philosophen und Wissenschaftlern genannt. Diese Bezeichnungen sind in der Regel Eigennamen, die durch eine Voranstellung des Ortes gebildet werden.
Abschließend ist noch zu erwähnen, dass das Wort „ученый“ unter Umständen dazu verleitet, es mit „Gelehrter“ zu übersetzen. Diese Bezeichnung mag allerdings noch für Universalgelehrte wie Lomonossow und Goethe zutreffend gewesen sein, heute wird sie allenfalls ironisch verwendet, da sie inzwischen veraltet ist. Geht es also um Persönlichkeiten der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit, spricht man neutral ausschließlich von „Wissenschaftlern“ und im naturwissenschaftlich-experimentellen Bereich auch von „Forschern“.
Carola Jürchott