Einheitlichkeit ist kein Einheitsbrei

Immer wieder kommt es in Texten, die ich zu korrigieren habe, vor, dass ich für ein und dasselbe Wort verschiedene Schreibweisen oder für ein und dieselbe Person unterschiedliche Namensformen finde. Damit meine ich nicht nur die Entscheidung für eine bestimmte Transkription, von der in diesem Blog an anderer Stelle bereits die Rede war. Natürlich sollte auch dabei die einmal gewählte Form unbedingt beibehalten werden. Hat man sich einmal entschlossen, beispielsweise den Namen „Victoria“ mit V und C wiederzugeben, wäre es inkonsequent, wenn er an anderer Stelle beispielsweise mit einem K auftauchen würde, sofern dieselbe Person gemeint ist.

Schwieriger stellt es sich im Deutschen dar, wenn man auf die im Russischen üblichen Kurzformen zurückgreifen will. Hier ergibt sich das Problem, dass die meisten ausschließlich deutschsprachigen Leser gar nicht wissen, dass es sich bei „Sascha“, „Sanja“ und „Schura“ unter Umständen um ein und dieselbe männliche oder auch weibliche Person handelt, die eigentlich Alexander oder Alexandra heißt. Ebenso wie den wenigsten geläufig ist, dass und warum Namen wie Sonja, Dima, Anja oder Tanja in Russland niemals in einem Pass stehen würden. Dass es sich hierbei um inoffizielle Kurzformen handelt, ist in Deutschland so wenig bekannt, dass man hier durchaus auch auf eine Person treffen kann, die zwei Vornamen hat und „Sascha Alexander“ heißt.

Natürlich ist es klar, dass man gern auch diese Kurzformen verwenden möchte, um einen Text vielseitiger zu gestalten. Dann sollte man aber bei ihrem ersten Auftauchen einen Verweis darauf einbauen, wer damit eigentlich gemeint ist und sich im weiteren Verlauf auf diese eine Kurzform zu dem jeweiligen vollständigen Namen beschränken. Anderenfalls könnte es passieren, dass der Leser sich über die Vielzahl der Personen wundert, die für sein Verständnis nichts miteinander zu tun haben.

Ebenfalls einheitlich gestalten sollte man Bezeichnungen, die man wohl oder übel aus dem Russischen übersetzen muss, beispielsweise für Orte oder Institutionen. Häufig helfen einem hier auch online-Nachschlagewerke weiter, in denen man griffige deutsche Bezeichnungen für die entsprechenden russischen Realia findet.
So ist es natürlich sinnvoll, die „Немецкая Слобода“ in Moskau auch als „Deutsche Vorstadt“ zu bezeichnen, damit jeder sofort weiß, was gemeint ist. Allerdings sollte man diesen Eigennamen dann für den Rest des Textes beibehalten und weder etwas an der Großschreibung ändern noch nach Synonymen suchen und an anderer Stelle beispielsweise vom „deutschen Vorort“ sprechen. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um eine durchaus wünschenswerte sprachliche Vielfalt, sondern um die Vermengung von Termini, die beim Leser lediglich Verwirrung stiften.

Carola Jürchott

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