Von Auslassungszeichen und ausgelassener Zeichensetzung

Unterstützung für Kid’s

Als ich kürzlich diese Werbung las, wurde mir klar, dass die inflationäre Verwendung eines Zeichens, das eigentlich Auslassungen anzeigen sollte, offensichtlich eine neue Stufe erreicht hat. Immer wieder liest man in letzter Zeit vom sogenannten Deppen-Apostroph, der, wenn er einen Genitiv markieren soll, aus dem Englischen ins Deutsche geradezu herübergeschwappt ist. Gemeint ist damit die regelwidrige Verwendung des Apostrophs an Stellen, wo dieser gänzlich überflüssig ist. Dieses Phänomen ist jedoch meist bei Genitivformen zu finden; mit ihm, wie oben geschehen, auch noch eine Pluralform zu bilden, ist dann schon gewissermaßen die „hohe Schule“.

Hält man sich an althergebrachte Regeln des Hochdeutschen, genügt für die Kennzeichnung des 2. Falls in der Grammatik nämlich das s, das ohne weitere Zeichen an den jeweiligen Namen angehängt wird. Unverzichtbar ist der Apostroph nur in einem einzigen Fall: wenn der Name, der in den Genitiv gesetzt werden soll, mit einem reinen oder modifizierten s-Laut endet, also auf –s, -ss, -ß, -z, -tz oder –x. Hier wird nämlich das zusätzliche s, mit dem der Genitiv gebildet werden sollte, ausgelassen. „Günter Grass‘ Roman“ und „Ringelnatz‘ Humor“ sind also richtig, während „Günter’s Blechtrommel“ und „Joachim’s Gedichte“ wohl bei beiden zumindest ein Stirnrunzeln hervorrufen würden.

Der Duden ist allen, die meinen, auf den Apostroph im Genitiv nicht mehr verzichten zu können, inzwischen so weit entgegengekommen, dass Varianten wie „Willi’s Würstchenbude“ und „Andrea’s Blumenecke“ sogar erlaubt sind, allerdings gilt das nur für Personennamen, wenn die Grundform verdeutlicht werden soll. Streng betrachtet, wäre nicht einmal das nötig, denn auch bei der Blumenecke könnte man klar unterscheiden, dass „Andreas Blumenecke“ Andrea gehört, während der Inhaber von „Andreas‘ Blumenecke“ Andreas wäre.

In sämtlichen anderen Fällen dient der Apostroph als Auslassungszeichen, wenn man aufgrund der Sprachökonomie oder auch der Sprachmelodie einen oder mehrere Buchstaben weglassen möchte: „Wie geht’s, wie steht‘s?“ oder wie in einem alten Lied: „‘S ist Feierabend.“

Deutlich abzugrenzen sind hiervon allerdings die in der deutschen Grammatik recht verbreiteten versteckten Artikel. Formen wie „fürs Kind“, „durchs Gebirge“ oder „aufs Dach“ erforden ebenfalls keinen Apostroph.

Carola Jürchott

www.lust-auf-geschichten.de