Teilnahmsvolle Beteiligung

Vor Kurzem las ich in einem Text, jemand hätte sich „am Winterkrieg beteiligt“, und wieder einmal stellte ich mir die Frage, ob es gerechtfertigt ist, das über einen einfachen Soldaten zu sagen. Ich denke, nein, denn eine Beteiligung ist zwar auch laut Duden das „Teilnehmen“, aber gleichzeitig eine „Mitwirkung“, und genau das ist meines Erachtens der springende Punkt. Der Unterschied besteht im Grad der Aktivität. Die Soldaten haben in der Regel nur am Krieg teilgenommen, während die Kriegsbeteiligten diejenigen Mächte waren, die sich jeweils feindlich gegenüberstanden.

Betrachtet man das Ganze von einer friedlicheren Perspektive aus, so sind die Teilnehmer einer Veranstaltung durchaus auch im Publikum zu finden, während die Beteiligten die Mitwirkenden und die Organisatoren sind. Deshalb können Teilnehmer durchaus auch einmal „unbeteiligt“ dreinschauen.

Mit der Teilnahme scheint es überhaupt so eine Sache zu sein. Immer wieder lese ich auch dieses Wort in Zusammenhängen, in denen es meines Erachtens fehl am Platze ist. So gibt es in den letzten Jahren Beileidskarten zu kaufen, auf denen die Aufschrift „Herzliche Teilnahme“ prangt. Auch wenn der Duden diese Bedeutung legitimiert und es natürlich das Adjektiv „teilnahmsvoll“ gibt, habe ich bei dem erwähnten Aufdruck immer ein ungutes Gefühl: einerseits, weil mir „herzlich“ in diesem Zusammenhang zu freudig klingt, andererseits weil ich statt der „Teilnahme“ eigentlich eine „Anteilnahme“ erwarten würde, im besten Fall eine aufrichtige.

Immerhin ist es schon ein Unterschied, ob ich an einem Ereignis teilnehme oder ob ich Anteil nehme. Teilnehmen kann man nämlich auch teilnahmslos, Anteil nehmen hingegen nicht.

Deshalb mein Appell an Sie, liebe Leserinnen und Leser: Denken Sie lieber noch einmal mehr darüber nach, wenn Sie die Wörter „Teilnahme“, „Beteiligung“ oder „Anteilnahme“ verwenden. Während die Anteilnahme eine emotionale Kategorie ist, ist die Teilnahme ein physischer Prozess, und während man zu einer Teilnahme auch gegen den eigenen Willen gedrängt werden oder zufällig dazu kommen kann, setzt eine Beteiligung (wie übrigens auch im wirtschaftlichen Sinne) eine aktiv getroffene eigene Entscheidung voraus.

Carola Jürchott

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