Die Tücken der modernen Technik

Im letzten Blogeintrag hatte ich bereits darüber geschrieben, dass ein frisch gebackenes Brot durchaus von einem frischgebackenen Bäcker stammen kann und dass man deshalb im Duden besonders genau nachsehen sollte.
Dieses Thema möchte ich heute noch einmal aufgreifen, denn inzwischen habe ich die Erfahrung gemacht, dass es durchaus ein Unterschied ist, welchen Duden man konsultiert: die gute alte Printversion oder die Online-Ausgabe.
So fragte mich vor Kurzem eine befreundete Autorin: „Wenn ein Satz anfängt mit: ‚Ab morgen kannst du …‘, schreibt man dann ‚morgen‘ groß oder klein?“
Ich gebe zu, dass mich diese Frage etwas verwundert hat. Schließlich ist „morgen“ in diesem Fall ein Adverb und wird seit Menschengedenken kleingeschrieben. Daran hat keine Rechtschreibreform der vergangenen Jahrzehnte etwas geändert. Deshalb war meine Antwort auch völlig eindeutig: „Unbedingt klein, wenn es um den Tag danach und nicht um die Tageszeit geht.“

Das eigentliche Erstaunen stand mir in diesem Moment aber noch bevor, denn die Autorin erklärte mir, sie habe im Duden nachgesehen und dort stände „Morgen“ in der Bedeutung von etwas Zukünftigem eben groß. Nun war meine Neugier geweckt, und ich sah selbst im Duden nach. Tatsächlich: Konsultiert man die Online-Ausgabe über die Suchfunktion, werden einem als Erstes mehrere Einträge angeboten, in denen „Morgen“ großgeschrieben wird. Eine der Bedeutungen hat auch wirklich mit der Zukunft und nicht mit der Tageszeit zu tun. Klickt man dieses Stichwort allerdings an, stellt sich heraus, dass damit „das Morgen“ gemeint ist, im Sinne von „das Gestern, das Heute und das Morgen“. Um das herauszufinden, muss man das entsprechende Stichwort jedoch wirklich anklicken und darf sich nicht auf das einfache Durchscrollen beschränken.


Ähnlich verhält es sich beim nächsten Beispiel. Seit Jahren wundere ich mich, warum ich beim Korrigieren immer wieder darauf stoße, dass zwei Wörter, die so manche Äußerung einleiten, von einigen Autoren oder Autorinnen zusammengeschrieben werden. Da steht dann statt „Na ja, …“ eben „Naja, ….“ Ein Blick in den Duden hat mir dann eröffnet, dass es tatsächlich ein Stichwort gibt, das „Naja“ geschrieben wird. Doch auch hier liegt des Rätsels Lösung in der Frage: Anklicken oder nicht? Klickt man das Stichwort nämlich an, erfährt man, dass es sich bei einer Naja um eine Giftnatter handelt. (Der wissenschaftliche Name der Brillenschlange beispielsweise ist Naja naja, doch so weit geht der Duden in seiner Erklärung nicht.) Dieses Wort hat mit der eingangs erwähnten Einleitung also nichts zu tun.


Während man in der Printausgabe vieles, das direkt unter- oder nebeneinander gedruckt wurde, noch mit einem Blick erfassen kann, ist es bei der Online-Version durchaus ratsam, alle technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um sicher zu sein, dass man nicht danebenliegt. Natürlich folgt, wenn man weit genug scrollt, auf zwei „Morgen“ auch das Adverb „morgen“, man muss sich nur die Mühe machen, sich nicht gleich mit dem ersten Eintrag zu begnügen.

Carola Jürchott


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