Sie ahnen es sicher: Wenn dem so wäre, bedürfte es vermutlich nicht dieses Artikels. Da ich aber immer wieder in Texten auf Passagen treffe, in denen ich den einen Begriff durch den anderen ersetze, möchte ich an dieser Stelle wieder etwas Klarheit ins Dunkel der vermeintlichen Synonyme bringen. Eine Äußerung kann jegliche Art sein, sich oder etwas zu äußern, und zwar auch in Form von Ausrufen („Na, sieh mal einer an!“, „Hört! Hört!“), Interjektionen („Oh!“, „Pfui!“), lautmalerischen Sequenzen („Rums!“, „Hui!“) oder Grußwörtern („Hallo!“, „Tschüss!“). Ganze Bücher widmen sich inzwischen auch den nonverbalen Äußerungen, der sogenannten Körpersprache. Das kann ein geschickt platziertes Räuspern sein, eine im richtigen Moment hochgezogene Augenbraue oder auch die berühmte russische Geste des Schnipsens an den Hals als Antwort auf die Frage nach den Plänen für den Rest des Abends. All das sind durchaus Äußerungen – der Freude, des Erstaunens, der Missbilligung oder einer Absicht. Aussagen jedoch sind es nicht.
Eine Aussage ist nämlich entweder ein Satz, der mit einem Punkt endet, oder eine Meinungsäußerung bzw. Feststellung, eine gerichtlich verwertbare Erklärung (etwa bei der Polizei, oder vor Gericht – uneidlich oder unter Eid) oder der Inhalt eines Werkes bzw. einer Erkenntnis. Mit anderen Worten, eine Aussage ist deutlich konkreter als eine Äußerung und somit auch wesentlich verbindlicher. Deshalb wird es vermutlich auch wenige Menschen interessieren, wenn etwas „nach einer Äußerung des Wissenschaftlers XY“ zitiert wird, denn diese kann er unter Umständen auch am heimischen Küchentisch getätigt haben. Beruft man sich aber in seiner Argumentation auf „die Aussage des Wissenschaftlers XY“, hat das deutlich mehr Gewicht, denn eine Aussage sollte man schon fundiert begründen können.
Andererseits ist es auch wenig wahrscheinlich, dass der Schüler XY für eine „freche Aussage“ zum Direktor zitiert wird. Abgesehen davon, dass die Kombination einer (wie gesagt, verbindlichen) Aussage mit dem Attribut „frech“ eher selten sein dürfte, ist hier auch davon auszugehen, dass es sich vielmehr um eine freche Äußerung des Schülers gehandelt haben dürfte, die im Unterschied zu einer Aussage – abgesehen von dem Besuch beim Direktor – keine weiterreichenden Folgen haben sollte.
Carola Jürchott