Von der Notwendigkeit eines Perspektivwechsels beim Übersetzen war an dieser Stelle schon häufiger die Rede, davon, dass ein „nicht“ jedoch nicht immer in der anderen Sprache auch „nicht“ bedeutet, jedoch noch nicht. Dies bitte ich jedoch unbedingt nur grammatisch aufzufassen und nicht etwa in Zusammenhang mit derzeit aktuellen Diskussionen zu bringen.
Mir geht es – wie immer in diesem Blog – um die rein sprachliche Seite, und bei dieser stoßen deutsche Muttersprachler schon an die ersten Grenzen, wenn sie im Russischunterricht lernen, dass Negativpronomen und Negationspartikeln, die mit „ни-“ beginnen, auch noch die Negation des Verbs erfordern. Das ist zunächst sehr gewöhnungsbedürftig, weil man ja schließlich im Deutschunterricht gelernt hat, dass eine doppelte Verneinung eine Bestätigung bedeutet.
Kategorie: Aktuell
Buchtipp: Roman „Die Stille bei Neu-Landau“ von Katharina Martin-Virolainen

Salat „Olivier“ zu Feiertagen, russische Musik im Auto oder Vaters geliebte Jogginghose-Kollektion: All das hätte Julia als Kind am liebsten aus ihrem Leben verbannt. Die krampfhaften Versuche, ihre Eltern „umzuerziehen“, sind immer wieder kläglich gescheitert. Trotz ihrer Anstrengungen, sich bestmöglich anzupassen, stellte Julia immer wieder fest, dass sie und ihre Familie anders sind – und es immer bleiben werden. Im Erwachsenenalter gerät Julia erneut in eine Identitätskrise und beschließt, für eine Weile zu ihren Eltern aufs Land zu ziehen. Unter den alten Sachen ihrer bereits verstorbenen Großmutter stößt sie auf einen leeren Umschlag, der Fragen zu ihrer Familiengeschichte aufwirft. Julia wendet sich an ihre Großtante Margarethe und stellt plötzlich fest, dass sie so gut wie nichts über das dornenreiche Leben ihrer Großmutter weiß. „Die Alten reden nicht, die Jungen hören nicht zu“ – der auf dieser Aussage basierende Generationenkonflikt dauert in vielen russlanddeutschen Familien seit Jahrzehnten an. Der Roman „Die Stille bei Neu-Landau“ möchte dazu beitragen, diese unsichtbare Mauer zwischen den Generationen zu durchbrechen und beide Seiten einander näher zu bringen.

Buchtipp: „70 TEUFLISCHE DETAILS“ von Carola Jürchott
Tipps zum Umschiffen sprachlicher Klippen auf dem Weg vom Russischen ins Deutsche

Der Druckfehlerteufel – wer kennt ihn nicht? Er ist der ständige Begleiter von Autorinnen und Autoren, Übersetzerinnen und Übersetzern, Lektorinnen und Lektoren und natürlich Korrektorinnen und Korrektoren. Gehört man einer dieser Zünfte an, fürchtet man jeglichen Schnitzer wie der Teufel das Weihwasser. Doch nicht nur die Druckfehler machen uns zu schaffen, auch grammatische, lexikalische und sonstige Fehler können uns sozusagen in Teufels Küche bringen. Ohne den Teufel an die Wand zu malen, kann man konstatieren, dass das Wohl und Wehe eines guten Textes auch davon abhängt, ob er korrekt und stilsicher formuliert ist. Hierbei steckt natürlich, wie so oft, der Teufel im Detail. Das vorliegende Buch soll allen, die mit Texten zu tun haben, kleine Hilfestellungen geben, um 70 dieser Klippen zu umschiffen, denn dann müsste es mit dem Teufel zugehen, wenn nicht auch aus dem besten Text ein noch besserer werden könnte. Ein absolutetes Muss für jede(n), die/der nicht in Fettnäpfchen treten möchte.
70 TEUFLISCHE DETAILS von Carola Jürchott. Tipps zum Umschiffen sprachlicher Klippen auf dem Weg vom Russischen ins Deutsche
ISBN 978-3-947270-12-5, Softcover, 144 S., Preis: 11,- EUR
„Buchtipp: „70 TEUFLISCHE DETAILS“ von Carola Jürchott“ weiterlesenWarum Urheberrechte nicht nur Autorenrechte sind
Keine Angst, liebe Leserinnen und Leser, dieser Blog soll nicht mit einer Rechtsberatung ins neue Jahr starten, es geht weiterhin um sprachliche Feinheiten und den Teufel, der auch hierbei wieder im Detail steckt.In Texten, die aus dem Russischen übersetzt wurden, liest man häufig den Begriff der „Autorenrechte“, mit denen jedoch in Wirklichkeit die „Urheberrechte“ gemeint sind. Diese sind im deutschen „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“ (Urheberrechtsgesetz) geregelt, und im § 7 ist eindeutig definiert, was ein Urheber ist: „Urheber ist der Schöpfer des Werkes.“ Für denjenigen, der im russischen Sprachraum zu Hause ist, ist völlig klar, wer damit gemeint ist: der „автор“.
„Warum Urheberrechte nicht nur Autorenrechte sind“ weiterlesen„Ein ganzer Mann“ von Melitta L. Roth (Leseprobe)
Kurzgeschichte aus dem Buch „Gesammelte Scherben“

– Ach komm, nur ein Schlückchen!
– Nur ein kleines Gläschen, das schadet doch nicht. Wodka tötet alle Bakterien, das weiß man doch!
– Auf unsere Freundschaft.
– Auf deine Frau.
– Auf alle unsere Frauen. Was für Schönheiten ihr doch seid!
– Auf uns!
– Auf die Gesundheit. Was, du willst noch nicht mal auf meine Gesundheit trinken, das nehme ich dir übel, mein Freund, sehr übel.
Wenn du in Russland oder auch in Sibirien – oder im fernen Osten wie Kolyma oder Kamtschatka – als Frau ein Gläschen ablehnst, wird es nach einigen nervigen Frageattacken irgendwann akzeptiert. Als Mann hast du keine Chance. Du wirst so lange überredet, dass es fast an Nötigung grenzt. Das hat sich in den letzten Jahren möglicherweise geändert, seit die Gesetze strenger geworden sind und es ab 23 Uhr nichts Hochprozentiges mehr zu kaufen gibt und jetzt sogar Bier per Gesetz zu einem alkoholischen Getränk erklärt worden ist. Doch vor über als vierzig Jahren standest du hinter dem Eisernen Vorhang als ein abstinenter Mann auf verlorenem Posten.
Damals befand sich Otto Adolfowitsch Reimer in der Blüte seiner Jahre. Er arbeitete als Ingenieur in einem Chemiewerk einer größeren sibirischen Stadt, war verheiratet. Und trank nicht. Auch später nicht. Genau genommen rühmte er sich, bis zu seinem 53. Lebensjahr keinen Tropfen angerührt zu haben. Nicht bei seiner eigenen Hochzeit, nicht bei Beerdigungen, und noch nicht einmal, um die Geburt seiner beiden Töchter zu begießen. Er blieb im Land des personifizierten Wodka-Klischees stets abstinent, und das will schon was heißen.
„„Ein ganzer Mann“ von Melitta L. Roth (Leseprobe)“ weiterlesenOnline-Vorstellung des Literaturalmanachs 2020 – „Fremd unter seinesgleichen“
Wie fühlt sich Entwurzelung an? Wie ist es, fremd zu sein – auch unter den vermeintlich eigenen Leuten? Solche Empfindungen erleben zugegebenermaßen nicht nur Aussiedler und Aussiedlerinnen. Dennoch ist ihnen Heimatverlust und Entwurzelung seit Generationen bekannt. Sie wissen, wie es ist, sich immer wieder in einer fremden Umgebung verorten und behaupten zu müssen.
Lesung und Diskussion mit Ira Peter, Melitta Roth, Artur Rosenstern und Prof. Dr. Annelore Engel-Braunschmidt | Moderiert von Dietmar Schulmeister

Im Oktober 2020 feierte der Literaturkreis der Deutschen aus Russland ein markantes Jubiläum – sein 25-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass präsentierte die Redaktion des Literaturkreises die Jubiläumsausgabe des Literaturalmanachs mit dem Titel „Fremd unter seinesgleichen.“ Zwischen seinen Buchdeckeln versammelt er ein Mosaik aus Lyrik, Prosa, biografischen Texten und Rezensionen kürzlich erschienener Bücher und gibt damit einen wesentlichen Überblick über die russlanddeutsche Literaturszene.
Lesung ansehen (vom 10.12.2020)
Gemeinsame Veranstaltung der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus und der LmDR Nordrhein-Westfalen. Das Angebot wurde durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW gefördert.
Die Publikation wurde herausgegeben in Kooperation mit dem Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland.
„Die Rache der Baba Jaga“ (Lesung vom 26.11.2020)
Artur Rosenstern stellt seinen Roman „Die Rache der Baba Jaga“ vor. Rezitiert von Martina Leon und moderiert von Margarete Polok.

Die Lesung „Die Rache der Baba Jaga“ online abrufen.
Gisbert ist 32 Jahre alt, Arminia-Fan, Slawistik-Student im 20. Semester an der Bielefelder Uni. Und er ist verliebt: in die ebenso so schöne wie kluge Ukrainerin Julia. Doch beim Antrittsbesuch bei ihren Eltern wird klar: Mit Julias Mutter ist nicht gut Pelmeni essen. Sie hält ihn für einen Loser, dem sie keinesfalls ihre Tochter anvertrauen will. Damit Gisbert beweisen kann, dass er ein ganzer Kerl ist, schickt sie ihn in die Ukraine, um Sitten und Gebräuche und vor allem die Verwandtschaft kennenzulernen. Gemeinsam mit seinem Freund Karl-Heinz macht Gisbert sich auf den Weg nach Olexandriwka, einem Dorf auf der Krim. Doch die alte Hexe zieht von Hannover aus die Fäden, um ihm das Leben so schwer wie möglich zu machen.
Geboten werden deutsch-ukrainische Verwicklungen und Fettnäpfchen mit einem Schuss Liebe, halben Kerlen, Fußball, Schleiermacher und den schärfsten Pelmeni der Welt. Aus einer Zeit, in der die Arminia erstklassig war und Putin die Krim noch nicht wollte.
Gemeinsame Veranstaltungsreihe der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. – Landesgruppe Nordrhein-Westfalen und der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus. Wir danken dem Ministerium für Wissenschaft unf Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen für die Förderung.
Russlanddeutsche Frauenschicksale: Nora Pfeffer (Lesung vom 17.11.2020)

Ihre Gedichte erschienen regelmäßig in der deutschsprachigen Presse sowie in zahlreichen Sammelbänden russlanddeutscher Autoren, auch in literarischen Publikationen in Deutschland und Österreich, wurden ins Lettische, Kasachische oder Russische übersetzt. Eine Vielzahl ihrer Gedichte inspirierte russlanddeutsche Komponisten wie Oskar Geilfuß, Eduard Schmidt und Friedrich Dortmann. 1981 erhielt sie den Literaturpreis des sowjetischen Schriftstellerverbandes und 1990 den Dulatow-Preis. Nora Pfeffer.
Bis jetzt wurden die Lebenswirklichkeiten russlanddeutscher Frauen sehr wenig thematisiert und das zu Unrecht: Die weibliche Sicht auf das transgenerationale Trauma der Deutschen aus Russland ist ein außerordentliches (leidvolles) Kapitel für sich.
Die Lesung Russlanddeutsche Frauenschicksale online abrufen.
Mit dabei waren: Katharina Martin-Virolainen, Julia Kling und Artur Rosenstern. Moderiert wird von Margarete Polok.
Gemeinsame Veranstaltungsreihe der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. – Landesgruppe Nordrhein-Westfalen und der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus. Wir danken dem Ministerium für Wissenschaft unf Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen für die Förderung.
„Du, mein geliebter ‚Russe‘“ – der neue Roman von Nelli Kossko
Eine deutsch-deutsche Liebesgeschichte
Ein Gastbeitrag von Nina Paulsen

Über 75 Jahre liegt der Zweite Weltkrieg schon zurück, doch nicht alle Wunden sind verheilt, nicht alle Opfer betrauert. Der Krieg hatte die Leben vieler Menschen unbarmherzig zermalmt, darunter auch die der jungen Deutschen in der Ukraine, die mit dem Einmarsch der deutschen Truppen als sogenannte Volksdeutsche zur Wehrmacht einberufen und an die Front geschickt wurden und nach Kriegsende mit entsprechenden Konsequenzen den Sowjets in die Hände fielen. Als Opfer zweier verbrecherischer Systeme – des Hitlerregimes und der Stalindiktatur – mussten sie die Schuld Hitler-Deutschlands bis in ihre letzten Tage sühnen, sie und ihre Kinder.
In ihrem eben erschienenen Roman „Du, mein geliebter ‚Russe‘. Eine deutsch-deutsche Liebesgeschichte“ (ratio-books Verlag) erzählt die bekannte russlanddeutsche Schriftstellerin Nelli Kossko eine Geschichte, die sich in beiden Ländern abspielt und sowohl tief in menschliche Abgründe blicken lässt als auch die Kraft der Liebe, die die Menschen aufs „Innerste zusammenhält“, bestätigt. Das Buch trägt einen Titel, der gerade in der heutigen Zeit fast provokant klingt, aber auch eine Spannung verspricht, die voller Kontroversen ist. Die Autorin lässt in ihr neues Buch erneut eigene Erfahrungen in reichem Maße einfließen. Weil sich ihre Vergangenheit, die sie immer wieder einholt, nicht verdrängen lässt, teilt Nelli Kossko ihre bitteren wie glücklichen Erfahrungen mit dem Leser und erzählt von denen, für die die Verbannung zur „ewigen Ruhe“ bestimmt war, und von denen, die sich aus dieser Hölle befreien konnten.
Buchtipp: „Gesammelte Scherben“ von Melitta L. Roth

Im November 2020 erschien im ostbooks Verlag der Erzählband „Gesammelte Scherben“ von Melitta L. Roth. Es ist eine Auswahl von Prosatexten und literarischen Miniaturen, die die Autorin in den letzten Jahren verfasst hat. Die meisten behandeln typisch russlanddeutsche Themen wie Entwurzelung, Ankommen, Integration oder die Erinnerung an die blutige Geschichte der Bevölkerungsgruppe. Die Menschen und Lebenswege, die sie beschreibt, sind aber alles andere als typisch. Es sind die skurrilen, abseitigen und gebrochenen Charaktere, die ihr am Herzen liegen. Menschen, die mit dem Erbe der Vergangenheit hadern, überfordert sind oder ihm zu entkommen suchen.
Herausgegeben wurde dieses Projekt vom Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR) in Kooperation mit dem Literaturkreis der Deutschen aus Russland e. V.
Melitta L. Roth, Autorin
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